Die Erfahrung von Stille gleicht einer Reise zu sich selbst
In einer alten überlieferten Geschichte kann man noch den Wert dessen, was wir „Stille“ nennen, schätzen lernen. Dort wird von einem Mönch berichtet, der drei dürstende Wanderer bittet, aus seinem Brunnen Wasser zu schöpfen, was diese auch sofort und sehr übereilt taten. Hinterher fragte sie der Mönch, was sie denn beim Wasserschöpfen gesehen hätten. Als diese unverständlich die Schultern zuckten, bat er sie nach einer Weile noch einmal, in aller Ruhe Wasser zu schöpfen, dabei aber ganz genau zu schauen, was sie sähen. Die verdutzten Wanderer antworteten, dass sie auf dem Wasserspiegel ganz deutlich ihr Gesicht erkannt hätten. Der Mönch sagte daraufhin: „Das ist die Erfahrung der Stille. Wir erkennen uns selber.“
„Man darf nie die Spiritualität der Menschen antasten“, sagt Lucca zu seinem Sohn Nicò, als die beiden sich über ihren Glauben unterhalten. Eigentlich machte Lucca nie viel Worte über seinen Glauben – auch nicht gegenüber seinem Sohn. Lucca entzog sich sogar bewusst solchen Situationen, in denen andere aus der Kirche seinen stillen Glauben hätten hinterfragen und abwertend beurteilen können. Nicò jedoch hatte längst an vielen kleinen Handlungen des Vaters bemerkt, dass sein Vater glaubte. Besonders aufgefallen war ihm, dass sein Vater nach der Arbeit das leere, stille Gotteshaus aufsuchte, dass er abends im Evangelium las und betete. Auch in dem, wie der Vater für die Familie und Mitmenschen sorgte, sah der Sohn den Glauben des Vaters wirksam.